Am heutigen Samstag erschien das Heimatzeit-Portrait von Andrea Pitsch in der Hersbrucker Zeitung über herwig Danzer, das wir in diesem Blogbeitrag auch unseren Lesern außerhalb des Zeitungs-Einzugsgebiets zugänglich machen wollen und dürfen. Weil der Platz in einem Blog – anders als in einer Zeitung – nahezu unendlich ist, ergänzen wir noch mit ein paar Links und Bildern.
Ein Leben aus spannenden Verknüpfungen
HEIMATZEIT-PORTRAIT Selbstständigkeit hat den Unternehmer herwig Danzer von Kindesbeinen an geprägt – und für interessante Zusammenhänge gesorgt.
VON ANDREA PITSCH
UNTERKRUMBACH Wenn man herwig Danzer heute sieht, würde man wohl nicht auf die Idee kommen, dass er mal „relativ extrem“ im Kajak unterwegs war: „Damals sah ich noch ganz anders aus, sogar so, dass ich für Horsts Firma modeln konnte“, sagt er lachend.
Horst, das ist Horst Fürsattel, der zu diesem Zeitpunkt schon sein Kajakunternehmen hatte und in dem Sport zusammen mit Holger Heuber ambitioniert, abenteuerlich und wagemutig auf Expeditionen unterwegs war. Kennengelernt hatte er die beiden, als er mit *+ Jahren seine Ausbildung zum Naturfreunde-Lehrwart sowie gleich danach zum Kajaklehrer des Verbandes Deutscher Kanuschulen absolviert hatte.
Doch wie kam der gebürtige Feuchter, der seit der sechsten Klasse in die Hersbrucker Gegend zog und ab da ans PPG ging, überhaupt dazu? „Eigentlich wollte meine Mama einen Hund“, erinnert er sich und schmunzelt. Aber da war der Papa dagegen. Nachdem die Mutter Boote auf dem Autodach auch schön fand, einigten sich die beiden auf den Kauf von zwei Kajaks.
Klar war der Familie, dass sie in einen Kanuverein mussten, um den Umgang mit den Booten zu lernen. Es wurde der Kanuverein Nürnberg. Neue Mitglieder wurden bei der Bootstaufe mit einer Klobürste eingeseift und in den Dutzendteich geworfen: „Ich war so a Grischberla, da hat mich einer allein gepackt und in hohem Bogen reingeschmissen.“ Danzer lacht. Ab seinem elften Lebensjahr verbrachte er seine Ferien beim Kajakfahren. Über Lehrwarte und Freunde lernte er so viel, dass „klar war, dass ich das in die andere Richtung zurückgeben wollte“.
Eine bewusste Entscheidung sei es auch gewesen, sich den Naturfreunden anzuschließen. „Die Lehrer vom Kanuverein waren da auch.“ Aber das war nicht der Grund: „Die entwickelten sich einst aus der Arbeiterbewegung.“ Und da sei das Verständnis für gemeinsamen Sport ein anderes gewesen als bei kommerziellen Kajakschulen, zu denen die Leute mit Geld gingen: „Die gingen mit der Einstellung aufs Wasser `Du ziehst mich raus, wenn was passiert, wirst ja dafür bezahlt‘.“ Und das gehe halt nicht: „Ich entscheide als Lehrwart, ob jemand diese Passage fahren darf oder nicht.“
Aus einer ähnlichen Denke heraus fällte Danzer die Entscheidung, seinen Zivildienst beim Arbeiter-Samariter-Bund abzuleisten. Da übernahm er den Fahrdienst bei Senioren und Menschen mit Einschränkungen. „Deshalb tue ich mich im Umgang mit diesen Personen leicht.“ Das brachte den Möbelmachern eine Anfrage des VdK zum Bau eines barrierefreien Hotelzimmers ein. Und eine höhenverstellbare Küche ist für die Massivholzexperten ebenfalls eine Selbstverständlichkeit.
Es wurde immer schwieriger
Damals, also zur Zivi-Zeit, war Danzer bereits mit seiner Frau Ute zusammen. „Wir gehen miteinander, seitdem ich 13 Jahre alt bin.“ Und Ute schwärmte als Teenie wegen seines Korsika-Kajak-Films für Holger Heuber. Als er ihn und Horst Fürsattel kennenlernte, tauschten sie Adressen aus. „Tatsächlich hat Horst dann einen Kajaklehrer für das Korsika-Camp gebraucht.“ So wuchs er in den Sport hinein, die Schwierigkeitsgrade wurden immer höher. „Das war schon cool.“
Vor allem, weil mit neuem Material plötzlich ganz andere Dinge fahrbar waren. „Die Jungs haben extreme Passagen und Flüsse ausgesucht und ich musste mit.“ So wie bei Erstbefahrungen in Norwegen, die ihm aber auch zeigten: „Bei sowas musst du dich auf alle verlassen können.“ Die ein oder andere verrückte Idee war auch dabei: So fuhren die Jungs den Himmelssprung in der Schweiz einfach ohne Paddel. „Das hatte noch keiner gemacht.“ Danzer grinst.
Paddeln, klettern, fliegen
Mit 32 Jahren sollte es dann ungefährlicher werden. Seine Tochter war schon sechs Jahre alt. „Frau und Kind bangen am Ende der Schlucht, das wollte ich nicht mehr.“ Vorher hatte er aber noch eine entscheidende Begegnung. „Bootfahrer und Kletterer mussten damals immer Drachenfliegen anfangen.“ So auch Danzer. Über Horst Fürsattel lernte er Gunther Münzenberg kennen, einen Schreinermeister. „Wir dachten, wir könnten uns zusammentun.“ Ohne diese Zusammenhänge wären die Möbelmacher nie entstanden, analysiert er.
Wo kam denn aber seine Begeisterung für Holz her? Schon als Kind hatte er eine Werkstatt in der Waschküche der Mama eingerichtet. „Irgendwann habe ich die Waschmaschine in die Küche gebaut, damit sie mich nicht stört“, erzählt er schelmisch. Dort entstanden schon Möbel, aber vor allem Spielzeug, kleine Greifautos, Laster, Eisenbahn. Die waren zum Beispiel in der Hersbrucker Buchhandlung im Einsatz. Das lockte Interessenten an. Am 18. Geburtstag meldete Danzer ein Gewerbe für Holzspielzeug an, den „Spielratz“. Er belieferte Firmen in München, um sich sein Germanistik-, Soziologie und Politik-Studium zu finanzieren.
Denn Danzer hatte sein Herz an die Didaktik verloren, er wollte Deutsch-Lehrer werden. „Wir haben in einem Hauptseminar bewiesen, dass man Deutsch lehren kann.“ Dabei glänzen seine Augen noch heute. Dieser Enthusiasmus verwundert fast etwas, wenn er offen zugibt: „Wir waren echt eine Generation, der Abi-Noten wurst waren.“ Wurst war ihm dann auch der Abschluss des Studiums: „Das habe ich zwar komplett fertig gemacht, aber keine Prüfungen mehr abgelegt.“
Es hätte keinen Job gegeben, weil Sozialkunde in Bayerns Schulen damals kurzzeitig abgeschafft wurde. „Außerdem wollte ich nicht, dass unsere Tochter in einer Münchner Studentenbude aufwächst.“ Also kam der Umzug in Utes Elternhaus nach Happurg – „wir waren erleichtert, dass die Oma fürs Kind da war“ – und 1988 die Firmengründung in Hersbruck direkt neben Fackelmann. Münzenberg war der Mann für die Werkstatt, Danzer mit seinem Atari-Computer mit der großen Festplatte der für Organisation und Verkauf. „Es ist nicht entscheidend, was man studiert, sondern was man zwischen Abitur und Beruf dazulernt.“
Holzfliege als Markenzeichen
Klar war Danzer, „dass ich nie im Leben eine Krawatte tragen werde“. Aber in der blauen Latzhose Küchen, die Geld kosten, an den Mann zu bringen, das ging auch nicht. „Da hab‘ ich auf einer Messe eine Holzfliege entdeckt.“ Sie wurde zu seinem Markenzeichen – wie das kleine „h“ und das Kochen. „Küchen kann man ja nur verkaufen, wenn man sich auskennt.“ So kamen diverse Ausbildungen, unter anderem zum geprüften Ernährungsexperten.
Kochen war für Danzer zu diesem Zeitpunkt schon eine Selbstverständlichkeit: „Meine Mama hat mir mit sieben Jahren gesagt: Ein Mann muss kochen können.“ Sie habe gewollt, dass der Bub selbstständig wird. „Ich habe mit zehn Jahren Hähnchen gekauft und für Mama gegrillt.“ Über Utes französische Verwandtschaft und Freunde kamen mediterrane und arabische Einflüsse in seiner Küche dazu. So kredenzte er bei einer Kajakfreizeit mal auf acht Campingkochern Coq au vin.
Habsburger im Loch
„Ich habe schon immer gern gekocht.“ So auch in der WG in München. „Die war eingerichtet mit meinen Möbeln und fast schon Luxus.“ Im Gegensatz zur Bude von Studienkollege Ferdinand von Habsburg. „Das war ein richtiges Loch.“ Danzer lächelt ob dieser kleinen Erinnerung am Rande in sich hinein. Viele Anekdoten hätte der Kulturinteressierte noch auf Lager.
Zum Beispiel die von der Kajaktour in Norwegen. „Beim Kajakfahren war ich eigentlich nicht für die Verpflegung der Teilnehmer zuständig.“ Trotzdem musste er damals ein Zicklein zubereiten. „Das haben wir als Dank von zwei Einheimischen bekommen, die uns am Abend vorher am Lagerfeuer leer getrunken hatten.“ Also zauberte Danzer auf dem Campingplatz aus einem ganzen Tier Geschnetzeltes in Sahnesoße mit böhmischen Knödeln.
Kochen und reden das geht
Inzwischen hat er seine „eigene Methode“ entwickelt – trotz einer Kochbuch-Sammlung. „Ich kaufe selten ein, also muss ich mit dem zurechtkommen, was da ist“, verrät er liebevoll schmunzelnd. Mit dieser Koch-Kompetenz könne er die Kunden damit überraschen, was die Küche kann. Dazu gleichzeitig wie ein Buch reden, das sei für ihn – auch bei den Kochshows mit Spitzenköchen auf der Nürnberger Verbrauchermesse „Consumenta“ – kein Problem. Er müsse ja die Küche verkaufen. „Über gemeinsames Kochen entsteht was“, ist er überzeugt. Dennoch lässt er sich auch gerne mal bekochen.
Dann zum Beispiel mit heimischem Reh vom Förster. „Da ist wieder die Verbindung zum Holz – Stichwort Verbiss.“ Nicht nur herwig Danzers Vergangenheit ist geprägt von Beziehungen. Auch heute verknüpft er mit seiner Frau Ute beispielsweise die Abi-Feier eines Kindes von Freunden in Holland mit einem Messebesuch in Köln. „So ergeben sich viele Beziehungen in die Welt.“ Und die bringen vielleicht auch einen Nachfolger für den Möbelmacher schlechthin nach Unterkrumbach.
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Die Wildwasserfotos sind meist von Holger Heuber und Horst Fürsattel
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So hat die HZ auf Instagram für den Artikel geworben:
Die Konzentration auf konsequent gute Möbel ohne Kompromisse waren wohl der Schlüssel zum Erfolg! Wenn ich mich so in unserer Wohnung umschaue, verstehe ich den Erfolg der möbelmacher. Danke!
Ganz lieben Dank Herr Steckbeck, unser großes Glück war es schon immer, viele so angenehme und treue Kunden zu finden, wie Sie. Auch Danke!
Sieht man übrigens hier: http://nhblog.de/schlafzimmermodel/