von | Mai 29, 2022

Essbrand und Zirbelstube luden zum Inner Circle: 10-Gangmenü mit Innerein nach der Philosophie „Nose to Tail“

Allgemein, Consumenta

Die Einladung zur ausgesprochen originell betitelten Veranstaltung „Inner Circle“ erreichte uns just zu einer Zeit, als wir für die Consumenta im Oktober 2022 die Kochshows zusammen mit den Wirten mit Werten und Heimat aufm Teller für den Oktober 2022 planten. Natürlich haben wir zunächst unsere alten Freundinnen und Freunde gefragt, ob sie dabei sein wollen und bis auf Andree Köthe vom Essigbrätlein, der aktuell gerade gar keine externen Veranstaltungen macht, haben alle spontan zugesagt. Hier sind schon mal die Termine:

Mittwoch, 26. Oktober 12 Uhr Stefan und Valentin Rottner
Donnerstag, 27. Oktober 12 Uhr Sebastian Kunkel, Zirbelstube
Freitag, 28. Oktober 12 Uhr Diana Burkel, Würzhaus
Samstag, 29. Oktober 12 Uhr Christian Wonka
Sonntag,  30. Oktober 12 Uhr Till Heinz ess.brand

Die Präsentation von „Wirte mit Werten“ soll natürlich nicht ohne den Initiator dieser Gruppe stattfinden und das ist Till-Jonas Heinz vom ess.brand.  Also nahmen wir uns vor, ihn bald in seinem Restaurant zu besuchen, und da kam zeitgleich die Einladung zum „Inner circle“, die er gemeinsam mit Sebastian Kunkel und im Geiste seines im letzten Jahr an Corona verstorbenen Vaters veranstaltet. Das Foto stammt von einer Slow Food-Veranstaltung in der Zirbelstube im Jahr 2014.

Erhard und Sebastian Kunkel bei einer Slowfood-Veranstaltung 2014

Ute brachte es nicht übers Herz, aber Nina kommt mit

Jetzt konnte ich mit den Innereien allerdings meine Frau Ute nicht begeistern, aber seit 20 Jahren sitze ich Nina Brunner gegenüber, die bei uns die Lehre als Bürokauffrau als beste Sekretärin Bayerns abschloss und seit 2016 die komplette Verwaltung hervorragend managed. Unsere Küchenkundin in Schleswig-Holstein prägte für sie den Begriff der „Hardcore-Esserin“, was einfach daran liegt, dass sie die ganze Welt bereist und sich auch auf ungewohnte kulinarische Geschmackserlebnisse einlässt, wie zum Beispiel im letzten Jahr unsere Insekten.

Das letzte Mal waren wir zu zweit allein bei der Preisverleihung des Thalhoferpreises im Jahr 2007, also war es schon mal wieder an der Zeit. Und wieder war es toll, zunächst mal vor allem deshalb, weil ich selbst in die Zirbelstube nach Worzeldorf gefahren wäre, aber sie programmierte mein Navi auf das ess.brand in der Nürnberger Bronx Kohlenhof, wo die Veranstaltung dann auch stattfand. Habe mich nur ganz kurz beschwert, dass wir in die falsche Richtung fahren würden und dann eingesehen, dass das wohl nur eine von vielen Rettungen durch Nina in den letzten 20 Jahren war. Sie ist wirklich ein großes Glück für alle Möbelmacher, hier haben wir 20 Jahre im Foto damals und heute festgehalten:

Bist Du wirklich freiwillig da?

Die Theke im ess.brand bietet vollen Einblick in die Küche, Sebastian fragt Nina heimlich, ob sie freiwillig dabei sei?

Trotz verwirrten Navis, weil eine Kreuzung in der Zwischenzeit Fußgängerzone ist, kamen wir nach kleinem Fußmarsch pünktlich an und natürlich muss man Nina als Verwaltungschefin vorstellen, die dabei ist, weil Ute das Menü nicht so doll fand und wir gemeinsam auf die Idee kamen, Nina einzuladen. Wenig später fragte Sebastian Nina ebenso besorgt wie heimlich, ob sie wirklich freiwillig dabei sei, oder ob sie als Mitarbeiterin verpflichtet wurde? Sie hat ihre Freiwilligkeit natürlich heftig bestätigt. Ich glaube, Sebastian hätte für sie auch ein vegetarisches Mogelmenü gezaubert, aber das hat eine kulinarische Hardcorefrau ja nicht nötig. Auf den Fotos sieht man Sebastian mit seinem Vater Erhard und den Koch Fabian Feldmann auf der Grünen Lust 2005.

Erhard und Sebastian Kunkel auf der Grünen Lust 2005

Nose to Tail, die Vorstellung der Idee und die Ursprünge bei Sebastians Vater Erhard und Fabian Feldmann

Auf der Bioerleben 2005 habe ich im Kochshowmarathon mit Sebastian und Erhard Kunkel und Sternekoch Fabian Feldmann kochen dürfen, bei dem später auch Till Heinz als Jungkoch nach seiner Ausbildung im Grandhotel gearbeitet hat.
Erhard hatte damals schon die Philosophie von der Nase bis zum Schwanz, allerdings gab es den Fachausdruck noch nicht. Wie bei vielen neumodischen Begriffen, gab es schon vor Jahrzehnten Menschen, die diese Philosophie gelebt oder auch gegründet haben, heute ist es zwar ideologischer Mainstream, aber zum richtigen Umsetzen bedarf es dann doch großer Anstrengungen. Denn das Kaufen und verarbeiten eines ganzen Rindes ist nun mal etwas ganz anderes, als die Bestellung von 30 Steaks beim Großhändler.

Inner Circle: Einführung in die Werte von Innereien

Essbrand und Zirbelstube luden zum Inner Circle: 10-Gangmenü mit Innerein nach der Philosophie „Nose to Tail“

Sebastian erzählte von der Begeisterung und dem Können seines Vaters, Till von seinen Erfahrungen bei Fabian Feldmann, den unsere Tochter mit Familie übrigens vor kurzem im Restaurant in Biarritz besuchte (sollten Sie auch mal tun, mit herzlichem Gruß von uns). Das geschriebene Menü stammt ja noch vom Vortag, in der Zwischenzeit haben sich noch ein paar kleine Dinge geändert.

Das 10-Gang Menü

Engagement für Nose to Tail

Wir empfehlen das Buch von Ludwig (Lucki) Maurer, in dem viele der Innereien erklärend abgebildet sind und mit grandiosen Rezepten ergänzt. Aus diesem Buch sind alle Fotos der rohen Innereien.

1. Tripe Oriental (Pansen) „Perle“ Cremant de Loire Rosé

Eigentlich sind wir keine neurotischen Foodies, aber wir wollten Ihnen ja die köstlichen Innereien zeigen, also …

 

Der erste Gang stand als Tripe Oriental auf der Karte und war nach Ninas und meiner Meinung besonders fein. Nach den Erfahrungen bei Fabian Feldmann kochte Till den Rindermagen (Pansen) mit Aprikosen und Curry, was nicht von der Süße der Aprikosen überlagert war, sondern ganz fein mit dem scharfen Curry abgemischt. Seit Jahren reduzieren wir beim arabischen Rezept Mischmischiye die Aprikosen, aber bei Till war es wirklich perfekt.

2. Zickleinleber, Rhabarber, Spargel

 

Leber zählt ja fast noch zu den akzeptierten Innereien (wenn auch schwer auf dem Rückzug). Diese Zickleinleber wurde raffiniert durch Rhabarber und Spargel bereichert, zum ersten und zweiten Gang gab es den feinen Cremant de Loire Rose „Perle“ aus der KU Weinhalle

3. Rindszunge, Erbsen, Karotten mit dem Riesling Leon Gold

Die Zunge zerging auf derselben

Die Zunge zerging auf derselben. Niemand hätte es für eine Innerei gehalten.

4. Rinderbouillon mit Leberknödeln und Pfannkuchen – Pfälzer Weißburgunder vom Weingut Leiner

Köstlich intensive Rinderbrühe und der Knödel war innen noch zartrosa. Einfach genial!

5. Schweinskopf mit Persillade und Bier

Der Trick war, die geschmacklich durchaus innereiverdächtigen Teile in eine kräftige Panade zu packen und mit Apfelessig zu verfeinern. Er hat funktioniert. Die Persillade mit Petersilie und Schnittlauch war mit Humus erweitert und köstlich.

6. Kalbsbries, Spargel mit geplanter weißer Cuvée von Stefan Krämer (Foto)

 

„Sehr fein“ war Ninas spontaner Kommentar beim ersten Probestück. Bries zählt ja auch zu den Spezialitäten unter den Innereien. Es ist die Wachstumsdrüse von Kalb und Lamm und sitzt unter der Brust. Die Zitronenbrösel darauf und das Leipziger Allerlei machten daraus einen wunderbaren Gang, der beinahe durch den Wein von Stefan Krämer ergänzt worden, wenn der nicht in der Zirbelstube vergessen worden wäre). Auf der gleichen Grünen Lust 2005 durften wir nur wenige Stunden nach der Kunkel-Kochshow eine Weinverkostung mit Stefan Krämer moderieren.

7. Papayasorbet mit Rettich und Granatapfel

 

Das Sorbet stand nicht auf der Karte, war aber laut Nina eine „gewagte Kombination“ und „interessant“.

8. Kalbsbeuschel mit Semmelknödel und köstlichem „Techtel Mechtel“ vom Ebracher Hof (Dornfelder, Cabernet Dorsa)

Die Lunge (Beuschel) schmeckte noch am ehesten nach Innereien (was immer das bei dieser Bandbreite der Geschmäcker sein mag). Aber dank Kapern und Pilzen war es leicht säuerlich und mit dem Semmelknödel (-stückchen – ein ganzer hätte das Konzept der 10 Gänge ruiniert) ein wahrer Genuss.

9. Herz und Nierenzapfel (Onglet) mit Bier

Das gebratene Rinderherz war Ninas Fleischfavorit, es hat eine deutlich festere Konsistenz als ein Steak, wie man sie auch vom Hühnerherz kennt. Ein sehr scharfer Pfeffer verfeinerte. Es war auf den Punkt gebraten, wir hatten nur das Problem, dass der Teller mit Ninas Angstgericht Nierenzapfen angekündigt war. Aber ich konnte keinen Nierenzapfen finden (französisch Onglet, das wir schon 2009 das erste Mal mit Norbert Wittmann auf der Bioerleben zubereiteten). Aber das Angstgericht (auch kulinarische Hardcores haben Ängste) war nicht zu finden. Der Service wusste auch nicht weiter, weshalb wir Till fragten. Leider hatten wir den ersten Teller bekommen (danke), aber da war das Onglet noch nicht fertig und später war es dann schon aufgegessen. Dafür hatten wir – wie eigentlich immer – mehr Herz und das hat Nina ja besonders gut geschmeckt.

Rezeptvorschlag von Peter G.Spandl:

Nierenzapfen, Kronfleisch, Saumfleisch, Onglet, Thick Skirt oder Lombatello mit Selleriepüree

10. Frucht und Nusseis mit Beerenauslese vom Angerhof Schida

Es war ein netter Abschluss, aber wir waren schon so satt, dass wir beide das Fotografieren vergaßen.

Tolle Atmosphäre, perfekter Service

Klasse, wenn man den Köchen zuschauen kann

 

Von Anfang an und vor allem nach der sympathischen Begrüßung herrschte eine angenehme Atmosphäre zwischen dem Team und den rund 25 Gästen. Ausgesprochen entspannt, die offenen Küche lud zum Blick über den Thekenrand ein und Martin von der Zirbelstube (mit Verwandtschaft im Sittenbachtal) und Max vom Essbrand kümmerten sich auch vorbildlich um den Autofahrer, der sich wenigstens zum Schluss noch einen „Techtel-Mechtel-Rotwein“ mit Nina und Till gönnte. Denn dabei konnten wir mit Till Heinz den Termin für die Kochshow in unserer Küche auf der Consumenta auf den Sonntag, den 30. Oktober um 12 Uhr legen. Das war ja neben der Neugier auf die Innereien auch der Zweck unseres Besuchs, so gesehen war es ein perfekt gelungener Abend in angenehmer Gesellschaft, mit feinem Essen und dem Vereinbaren von wichtigen Terminen. Um 1 Uhr war ich wieder daheim und konnte noch die neue Zeit anlesen, die ob des Feier-Vatertags schon am Mittwoch kam.

Verantwortungsvoller Umgang mit Menschen, Tieren und Lebensmitteln

Insgesamt ist der Aufruf der Wirte mit Werten zu „Nose to Tail“ auf allen Ebenen zu unterstützen, dazu muss man es nur einmal so köstlich wie im ess.brand/Zirbelstube zubereitet probieren, danach kann man dann selbst experimentieren – wenn man sich traut. Um die Botschaft weiter zu verbreiten, wären vielleicht die Rezepte noch gut gewesen, vielleicht kann Till ja wenigstens das Pansenrezept  „Tripe Oriental“ verraten? Das Zehngangmenü war eine Herzensangelegenheit der beiden Spitzenköche (reich wird man bei diesem Personaleinsatz nicht damit), herzlichen Dank für das Engagement und das feine Essen. Von den Wirten mit Werten werden wir bald sicher noch viel hören. Wir freuen uns auf die gemeinsamen Kochshows auf der Consumenta.

Till bezeichnete unsere Notizen als „Kunstwerk“, na ja …

Nachtrag

Apropos Vergessen: als wir grade losfahren wollten, kam noch ein Kunde und im blitzartigen Aufbruch habe ich meine gute Kamera am Schreibtisch liegen lassen, sorry für die Handyfotos.

 

1 Kommentar

  1. Heinz

    Hej Herwig,
    Danke dir für die schönen Beschreibungen.
    Freue mich schon auf die Consumenta Kochbühne mit dir.

    Wünsche euch eine gute Zeit.

    Antworten

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