von | Okt 8, 2017

Christian Schüle liest am Tag des Schreiners, 10. Nov. aus seinem neuen Buch „Heimat“

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   Vorbetrachtung zum Thema Heimat im Wandel

  • Im Jahr 2000 diskutierten wir äußerst kontrovers, ob die Initiative von Direktvermarktern und Gastronomen wirklich „HEIMAT auf´m Teller“ heißen sollte oder ob das Wort zu belastet sei.
  • Für die Nürnberger Bewerbung zur europäischen Kulturhauptstadt 2025 hält die Kulturreferentin Dr. Julia Lehner  in Zeiten der Migration gerade den Umgang mit dem Begriff „Heimat“  für erfolgsentscheidend.
  • Im Leitartikel der NN vom letzten Freitag fragt Alexander Jungkunz „Was bedeutet Heimat?“ und zitiert dort  die Fraktionschefin der Grünen:  „Man darf den Begriff Heimat nicht denen überlasen, die ihn nationalistisch und ausgrenzend verstehen.“

Die Annäherung am Tag des Schreiners

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Am 10. November 2017 wird bei uns der Feuilletonist, Philosoph und Publizist Christian Schüle (*1970) mit seinem Buch „Heimat“ den Begriff und seine Weiterentwicklung  von allen Seiten beleuchten und damit zur Diskussion mit wichtigen „Branchenvertretern“ anregen – unter anderem mit dem Chefredakteur der Hersbrucker Zeitung „Michael Scholz“ und dem Buchhändler und Mitveranstalter Martin Lösch.  Wir laden um 18:30 herzlich dazu ein und natürlich sind das Essen und die Getränke von Heimat auf´m Teller, die Massivholzküchen und Tische sogar „Heimat unter dem Teller.“

Spannende Vorgeschichte

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Wenn wir einen politischen Essay empfehlen, für dessen anspruchsvolle Lektüre man leicht drei mal so viel Zeit braucht wie für einen Roman, dann braucht man gute Gründe:

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Am 19. November 2006 wurde der Besuch Christian Schüles das erste mal in unserem Nachhaltigkeitsblog angekündigt, seitdem wurde er in 53 Blogbeiträgen erwähnt, in knapp 20  davon  geht es um seinen Besuch als Autor der Wochenzeitung „Die Zeit“ um das Dossier mit der Cittaslow Hersbruck oder um seine Lesung in Unterkrumbach zu den Werkstatt-Tagen 2007 oder um seine jeweils neu erschienenen Bücher.

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Wir holten Christian damals am Bahnhof ab und schon wenige Stunden später war uns klar, dass dieser beeindruckende Autor auch bei uns lesen muss, denn er hat so viel Wichtiges zu sagen. Wir richteten die gesamten Werkstatt-Tage 2007  mit dem Titel „ZEIT zu leben“ danach aus, die Lesung wurde  ein voller Erfolg, was nicht nur Gerda Münzenberg in diesem Blogbeitrag beschrieb, sondern auch Katja Bub im Artikel unserer Heimatzeitung.

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Das Buch Heimat

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„Die sprachliche Assoziationskraft von „Heimat“ lässt semantische Hochseilartistik zu.“ (S.97 )

Sprachlich bewegt sich das ganze Buch auf jenem erwähnten Hochseil, aus der letzten Lesung wissen wir aber, das Christian Schüle den Inhalt im Gespräch mit vielen Beispielen nachvollziehbar macht und vor allem offen für jede Diskussion ist. Ich halte es sowieso für die wichtigste Aufgabe dieses Buches, die Diskussion über

die neue Definition des Begriffs anzuregen, nicht zuletzt in der Hersbrucker Alb, einer Pionierin der Regionalentwicklung.  In der Einleitung schreibt er:

„Die in diesem Buch vorliegenden Betrachtungen, Gedankensplitter und Fragmente setzen sich zum Ziel, den Begriff der Heimat auf der Basis seiner Landläufigkeit zeitgemäß zu durchdenken und womöglich neu zu verstehen. Sie streben die Erkundung des Ungefähren mittels des Konkreten an, was ein ambitiöses Unterfangen ist.“ (S17)

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Es geht  in dem Buch natürlich auch um Religion, Dialekt, Landwirtschaft (da denken wir uns die Forstwirtschaft einfach mal mit rein), regionale Wirtschaftskreisläufe und sogar die Cittaslow Hersbruck.

 (…) der rasanten Beschleunigung stellen sich Slow Cities entgegen, die sich dem biologischen Rhythmus des Lebens , der heimischen Produktion und den Bio-Prinzipien der Reproduzierbarkeit verschreiben. Vor 15 Jahren zum Beispiel wurde mit dem fränkischen Hersbruck der erste von heute 17 „langsamen Städten“ in Deutschland zertifiziert, die sich der aus Italien kommenden Vereinigung „Cittaslow“ anschlossen; mittlerweile ist aus dieser Idee organisierter Entschleunigung eine Bewegung mit über 150 Städten in weltweit 25 Ländern entstanden. Ein Denkfehler übrigens, verstünde man unter „langsam“ das Gegenteil von schnell. Langsam heißt in diesem Zusammenhang lebenswert und ist ein Qualitätsmerkmal. Langsame, will heißen: „lebenswerte“ Städte setzen den globalkapitalistischen gezielt regionale Kreisläufe entgegen. Handelsketten sind unerwünscht, alteingesessene Betriebe werden bewusst gefördert, historische Flächen aus dem 15. Jahrhundert beweidet. Die Bauern vermarkten direkt, in den Gaststätten kommt – auch wenn das Lamm ein paar Cent teurer ist – nur die „Heimat“ auf den Teller. Heimat heißt Nachhaltigkeit, denn ohne Nachhalt gerät die Scholle unter Vorbehalt und schafft sich irgendwann ab. (S156)

DSC08603Aber das ist nur der vermeintlich naheliegende Aspekt, vor allem in Unterkrumbach, das man leicht als „Geborgenheitsraum“ (S61) deklarieren könnte. Er sucht eine neue Definition von Heimat, die sich weniger an der – für die meisten wichtigen, weil erträglichen – Vergangenheit mit Kirchenglocken und dem Geruch von gemähtem Gras orientiert, sondern vielmehr an den Chancen der gemeinsam zu gestaltenden Zukunft für alle.

Zufall und Wahlfall

Heimat ist Zu-Fall. Sie fällt uns zu und ist immer schon da. (…) Der Mensch kann seine primäre Heimat nicht wählen, was er wählt, ist ein Zuhause. (Wahlfall) S19

Schüle wünscht sich einen Prozess des offenen, leitkulturellen Gesellschaftsvertrags (S244), in dem Ethik vor religiöser Moral steht (S237) und der auf dem  Grundgesetz basiert, „einem der menschlich reifsten und weisesten Dokumente der Weltgeschichte (S238)“.

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Er zitiert den Philosophen Christoph Türcke, der einen verantwortungsvollen Gebrauch des Begriffs Heimat vorschlägt:

„Solange das Gefühl, das sich Heimweh nennt, bei kleinen und großen Kindern nicht ausstirbt, gibt es keinen vernünftigen Grund, das Wort Heimat aus der deutschen Sprache zu tilgen.“ (S245)

Wir freuen uns auf eine inspirierende Lesung und eine anregende Diskussion mit Ihnen, trocken kann sie bei der Apfelschorle der Streuobstinitiative Hersbrucker Land, köstlichem Schaumwein, Hersbrucker Bier und Heimat auf´m Teller Buffet nicht werden.

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Alle Infos zum Tag des Schreiners vom Freitag, 10. Nov. 18:30 bis zum Sonntag den 12. Nov. sind hier auf Homepage zusammengefasst.

Hier noch ein paar Impressionen von der Lesung 2007, die guten Fotos sind von Thomas Geiger.

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