von | Sep 16, 2012

„Der Baum“ von David Suzuki und Wayne Grady – Einblick in eine faszinierende Lebensform

Baumwelten, Bücher, oekom verlag

BuchDerBaumOekomSuzuki11 KopieBeim Oekom Verlag bedanke ich mich ganz herzlich für das Rezessionsexemplar von „Der Baum – Eine Biografie“ weil es ein unglaublich bereicherndes Buch ist. Und zwar nicht nur für uns, die wir hin und wieder mit Holz zu tun haben, sondern für jeden, der sich für Evolution, Natur und Forschung interessiert. Es geht eigentlich um einen Baum, aber es beginnt vor 13,8 Milliarden Jahren mit dem Urknall. Vor 4,5 Milliarden Jahren entstand wohl die Erde (ohne Gewähr) und ich schätze das Buch von David Suzuki und Wayne Grady in der Übersetzung von Eva Leipprand vor allem ob der Rahmenhandlung um die Protagonistin herum, eine 400 Jahre alten Douglasie auf dem Gelände des Autors, die ihr Leben zur gleichen Zeit begann, wie  Shakespeare die Niederschrift von König Lear.

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Ich werde unsere Kunden von den neuen Erkenntnissen über die Biografie der Bäume wohl weitgehend verschonen müssen, weil es sogar für den geneigen Kunden von Massivholzmöbeln zu weit führen würde. Aber das Lebewesen Baum ist faszinierend und ich bin überzeugt: Jeder, der aus welchem Grund auch immer dieses Buch von vorne bis hinten liest, wird ganz anders durch einen Wald gehen, auch wenn wir in Deutschland etwas andere Wälder und Bäume kennen, als die Autoren beschreiben. Es geht nur im Haupterzählstrang um genau jene Douglasie. Suzuki  – Träger des alternativen Nobelpreises – findet nahezu poetische Formulierungen über das Leben und Sterben eines Baumes und der Tiere in seinem Umfeld:

„Mit allem seinen Einfallsreichtum und technologischen Wissen könnte der Mensch niemals etwas Vergleichbares erfinden wie die in jedem Baum eingebaute Stärke und Wiederstandfähigkeit.“

Das Buch ist nicht unbedingt leicht zu lesen und ich hätte mich über erhellende und erklärende Zeichnungen gefreut. Zwar gibt es wunderbare Illustrationen des Künstlers Robert Batemann, aber ich hätte mir bei all den Fachwörtern, die ich im Bio-Leistungskurs vor einigen Monaten schon mal gehört habe, ein wenig Hilfe gewünscht. Ich verstehe durchaus, dass die Autoren keine digitales Fotomaterial des Urknalls besitzen mögen, aber die 400 Jahre der Baumgeschichte wäre durch Zeichnungen, Fotos oder eine ergänzende Homepage  leichter verständlich und – wie der Name schon sagt – anschaulicher.
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Aber auch ohne diese von mir ersehnten intellektuellen Krücken, hat mir das Buch viel Freude gemacht, weil es aus wissenschaftlicher Sicht auch viele vernünftige Forderungen an die Politik stellt. Es wird erklärt, warum es völlig irrsinnig wäre zu hoffen, dass sich genetisch veränderte Pflanzern NICHT  ausbreiten und mischen werden und es wird aus für uns Regionalfuzzis – also Freunde regionaler Wirtschaftskreisläufe –  aus völlig neuer Betrachtungsrichtung erklärt, was HEIMAT bedeuten kann:

„Menschliche Kulturen auf der ganzen Welt – von den Inutit in der Arktis bis zu den Aayapo im Amazonasbecken, den Aboriginis in Australien und den !San in der Kalahari Wüste – haben allesamt über Hunderte von Generationen Wissen angesammelt, das sie in die Lage versetzt hat, innerhalb einer erstaunlich goßen Bandbreite unterschiedlicher Umweltbedingungen zu gedeihen. In jedem Fall ist die Grundlage dieses Wissens tief im Verständnis für den Ort verwurzelt, den wir Heimat nennen könnten.“

Ich erfahre in der Biografie der Douglasie, dass der größte lebende Organismus ein Pilz der Gattung Dunkler Hallimasch in Nord-Ost Oregon 8500 Jahre alt ist und eine Fläche von 10 Quadratkilomertern bedeckt. Bäume, bzw.via Wurzel verbundene Espenkolonien bilden in Utah eine Kolonie, die eine Gesamtfläche von 43 Hektar bedeckt. Das sind nicht die Bäume, aus denen wir in Unterkrumbach Ihre Möbel und Küchen bauen, aber es sind Beispiele für die faszinierenden Kommunikationsmöglichkeiten von Lebewesen, die man durchaus  als „klug“ bezeichnen könnte, die nur dummerweise ihren Standort nicht verändern können.
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Bäume kommunizieren untereinander sehr effektiv über Wurzeln und sogar selbstgemachte Gase und die Autoren verschweigen auch nicht, dass noch lange nicht alle Prozesse erklärt werden können, aber sie zeigen eindrucksvoll, dass hier raffinierte Kommunikationsmöglichkeiten existieren, die Facebook als Lachnummer dastehen lassen.

Vertrauen Sie uns, lesen Sie die Biographie „Der Baum (19,95€),“ in der am Schluss der Tod des Baumes als Neuanfang verstanden wird. Vielleicht sollten wir uns etwas von den Bäumen abschauen, irgendwie wirken sie nicht nur in diesem Buch oft angenehmer als der Homo Sapiens.

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Spannendes Interview-Video mit David Suzuki beim Oekom-Verlag

 

3 Kommentare

  1. Charlousie

    Jetzt habe ich gerade meine eigene Rezension geschrieben, die morgen (später ;-)) online geht und wünschte, ich hätte diese geniale hier nicht entdeckt! Ich muss schon sagen: WOW, die Rezension ist echt extrem gut!!
    -Vielleicht kann ich dazu sagen, dass ich eigentlich NIE Sachbücher lese und dass mir das Rezensieren bei diesem Buch deswegen besonder schwerfiel…
    Aber Ausreden ziehen nicht, diese Rezension hier ist echt toll. Kann in allen Punkten auch nur zustimmen. Sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte (unterstützende Zeichnungen, weniger Fachterminologie, etc.)
    Viele Grüße,
    Charlousie

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  2. Alice Niklaus

    Als Kind verliebt in „Bambi“ von Felix Salten, begeistert den sprechenden Bäumen zugehört, vor ein paar Wochen im Oma-Alter herwigs Beschreibung des Buchs „Der Baum“ entdeckt, anschliessend sofort das Buch gekauft, zweimal verschenkt, jetzt das erste Drittel als Abendlektüre gelesen (ja, almost jede Zeile), vieles nicht verstanden, was mir ausnahmsweise nichts ausmacht, selig die Pilze, denen ich eigentlich immer skeptisch begegnete, in mein Herz geschlossen: ein wunderbares, kostbares Buch, das mich den Hutangern und deren Rettung noch näher bringt und neue Welten öffnet. herwig: das hast du gut gemacht!

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  3. herwig Danzer

    Na das beruhigt mich, dass Du auch nicht alles verstanden hast, trotzdem ist es ein faszinierendes Buch.

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