von | Feb 25, 2009

Sustainability Conference – ein Rückblick auf die internationale Konferenz zum Thema Nachhaltigkeit im Nürnberger Kongresszentrum am 17. und 18. Februar

Nachhaltigkeit, Bio und Messen

von Anselm Stieber

AnselmSteiber600
Diese
Konferenz, eine unmittelbare Vorveranstaltung zur BioFach 2009, war mit knapp 250
Teilnehmern aus aller Welt ein wichtiges und Zukunft weisendes Ereignis. Das nicht
nur, weil der langjährige Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten
Nationen mit Sitz in Nairobi, unser ehemaliger Umweltminister Klaus Töpfer,
IMG_1862oder die ehemalige Ministerin und Umweltpolitikerin Renate Künast als Gesprächspartner
auf dem Podium teilgenommen haben. 
Beides immerhin Politiker, die ihre energie-
und klimapolitischen Überzeugungen nicht dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie
ihr Fähnchen in den Wind hängen. IMG_1504
Nicht uninteressant, dass Töpfer die Abwrackprämie
als vertane Chance beurteilte, weil sie ein überholtes Produkt stützt.

Von regionaler
Bedeutung an dieser Konferenz ist, dass herwig Danzer von den Möbelmachern aus
Unterkrumbach einer der vier Initiatoren dieser Veranstaltung zur Nachhaltigkeit
war. HerwigVortragWEB

Mit seinem Beitrag „Can a business operate sustainably
without certification?“
(
Gibt es Betriebe, die auch ohne Zertifizierung nachhaltig wirtschaften?) versuchte
er für die noch zu planende Nachhaltigkeitsmesse eine Lanze besonders für die
kleinen und glaubwürdigen Betriebe zu brechen, denn im Umfeld von Chiquita,
REWE oder Kraft, gehen die Pioniere der Nachhaltigkeit leicht unter. Ein regionales
Beispiel und gleichzeitig die grundlegende Forderung: der einzelne, ob Hersteller
oder Verbraucher, muss überzeugt sein und den Wandel in unserer Wirtschaft
wollen – und dann tätig werden. Das Bruttosozialprodukt misst alles, nur nicht
unsere Lebensqualität.

IMG_1791
Dem
Beobachter ist einiges aufgefallen. Es gibt keine Legaldefinition von
„Nachhaltigkeit“. Die gemeinsame Botschaft aller Beiträge war, dass die Herstellung
und Verteilung von Produkten Energie sparen, Klima, Umwelt und Ressourcen
schonen, und nicht zuletzt sozial gerecht sein muss, wenn wir eine lebenswerte
Zukunft haben wollen. Ein erstes Problem ist hierbei die Schaffung von verbindlichen
Standards und Normen. Produkte entstehen unter verschiedensten Bedingungen, und
ihre Verteilung erfolgt ebenfalls auf sehr unterschiedlichen Wegen. Daran wird
gearbeitet. Die Kennzeichnung ist ein weiteres Problem. Wie viele Logos und Gütesiegel
sind marktverträglich? Wann resigniert der Verbraucher? Weniger ist hier in jedem
Fall mehr.

 Das Thema
Glaubwürdigkeit ist in einer ganzen Reihe von Referaten behandelt worden. Die
Gefahr, dass der Kunde die Nachhaltigkeitsbeteuerungen als Verkaufstrick entlarvt,
ist erkannt. „Greenwashing“, wie es in der Konferenzsprache für diese Art von
Desinformation heißt, ist nur mit Glaubwürdigkeit und Transparenz zu begegnen. Ein
weiteres Problem taucht auf, und zwar ein sprachliches. Zudem eines, das wie eine
Trennlinie zwischen zwei Epochen wirkt. Wir sind Meister darin, Produkte auf
eine Weise zu beschreiben, dass sie in unser Wunschschema passen. Den Reiz
eines Porsche oder den Lifestileservice einer Kaffeemaschine etwa. Wie aber
beschreiben wir die Attraktivität von Nachhaltigkeit? Mit welchen sprachlichen
Mitteln wecken wir „nachhaltig“ Interesse, überzeugen die Menschen, dass es um
eine kulturelle Herausforderung geht? Nur eine Teilnehmerin machte den Versuch
einer Antwort: „make your message sexy“. So ganz unrecht hat sie nicht.

Lernen
müssen wir auch noch etwas ganz Ungewohntes, nämlich Geduld. Das Wort „nachhaltig“
ist vor etwa 250 Jahren in der Forstwirtschaft das erste Mal gebraucht worden,
ein Wirtschaftsbereich, der sich durch lange Regenerationszyklen und kleine
Wachstumsraten auszeichnet. Mit einem Beispiel zu dem dringend erforderlichen
Paradigmenwechsel wurde Götz Werner, der Verfechter des Grundeinkommens,
zitiert. Er verlangt demnach von seinen Unternehmerkollegen nicht weiter zu
überlegen, wie sie den Gewinn um x % steigern, sondern wo sie Gewinne zur langfristigen
Sicherung der Zukunft investieren wollen. Auf lange Sicht handeln ist also das
Gebot der Stunde. Ein dramatischer Vortrag über die Altersentwicklung, die
Landflucht, die Migrationsströme, die Wirkungen der Klimaveränderung und die Zunahme
der Weltbevölkerung  ließ keinen Zweifel,
dass nur noch wenig Zeit zum Handeln bleibt.

Die
Wirtschaftskrise und das Fehlen von Nachhaltigkeitsregeln auf den Finanzmärkten
IMG_1853brach in den Vorträgen und Diskussionen immer wieder durch. Dr. Ulrich Maly
stellte in wünschenswerter Klarheit fest, dass es die vielbeschworene, alles
zum Guten wendende „unsichtbare Hand“ auf den Märkten nicht gibt. Gute Sitten
und Verantwortungsbewusstsein sind es, die wir auch hier brauchen. Wen
wundert’s!

Eine letzte,
auch regional bedeutsame Anmerkung. Als positive Beispiele für die Netzwerkbildung
in den Bereichen „Information“ und „kleine Kreisläufe“ sind auf der Konferenz die
Slowfood- und die Slowcity- Bewegung genannt worden.   

Anselm
Stieber

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Artikel von herwig Danzer
Alle Fotos bei Ipernity
Video des Vortrages von herwig Danzer

 

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