Musik A:
(Musik Trabuco,
ca. 4’’ frei, dann darüber TEXT+Zusp.)
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Musik der venezolanischen Band
Trabuco. Die Kombination von Geige und Gitarren klingt nicht nur außergewöhnlich
– Sie wird auch an einem außergewöhnlichen Ort aufgeführt: In einer
Schreinerwerkstatt im mittelfränkischen Dörfchen Unterkrumbach. Üblicherweise
würde es Musiker aus Südamerika wohl kaum in eine fränkische Schreinerei verschlagen.
Aber der Geschäftsführer Herwig Danzer hat öfter ausgefallene Ideen. So ist
die Fliege, die seinen Hemdkragen schmückt, aus Buchenholz. Und sein Haus
trägt den Titel „regionales Musterhaus“. Es soll ein Muster sein für
nachhaltigen Umgang mit der Natur und mit wirtschaftlichen Ressourcen:
1. Zuspielung Herwig
Danzer
Das ist eigentlich ein Paradebeispiel für Nachhaltigkeit,
weil es nicht nur den ökologischen Ansatz berücksichtigt, der ist
selbstverständlich, aber es geht noch weiter, es geht in diesen sozialen
Bereich rein.
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Atmo B: Call Center Hess Natur, ca. 4’’ stehen
lassen, darüber TEXT
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Ein anderer Ort, ein anderes
ungewöhnliches Unternehmen: Im hessischen Butzbach hat das Textil-Versandhaus
Hess Natur seinen Sitz. Guter Umgang mit den Mitarbeitern werde hier groß
geschrieben, erklärt der Geschäftsführer Wolf Lüdge. Die Call-Center-Angestellten
arbeiten in einer Umgebung, die gemütlicher ist als so manches Wohnzimmer. Ganz
besonders wichtig sei es der Firma aber, ausschließlich Hemden, Hosen oder
Strümpfe zu verkaufen, die mit größtmöglicher Rücksicht auf die Natur
hergestellt worden sind – und mit ordentlichen Arbeitsbedingungen auch zum
Beispiel für Baumwollarbeiter in der Dritten Welt. Hess Natur will sich abheben
von Textilhänderln, die T-Shirts für drei Euro anbieten:
2. Zuspielung Zuspielung
Wolf Lüdge
Das sind zumeist ökologische Bomben, die Sie am Körper
tragen, zum anderen klebt an den Produkten Blut dran.
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Atmo C, Faber-Castell,
Stifte-Produktion
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Ein drittes Unternehmen, das sich
in mancher Hinsicht von der Konkurrenz abhebt: Bei Faber-Castell in Stein bei
Nürnberg weiß die Geschäftsleitung bald gar nicht mehr, wo sie noch hin soll
mit den Urkunden für vorbildliche Sozialstandards und Rücksicht auf die
Natur. Und die Unternehmenssprecherin Sandra Suppa kann ganz Erstaunliches
berichten über die Tierwelt in den brasilianischen Wäldern, in denen
Faber-Castell Bäume anpflanzt, die Holz für die Stifte-Produktion liefern:
3. Zuspielung Sandra
Suppa
Es gibt hunderte von Arten, die es nur noch in unseren
Wäldern gibt, weil sie dort vorm Menschen geschützt sind. Es gibt Wölfe, es
gibt Ameisenbären, es gibt Pumas, Ozelots.
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(Keine Atmo!)
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Drei Firmen aus drei ganz
unterschiedlichen Branchen – doch mit einer Gemeinsamkeit: Sie haben sich
alle ausdrücklich einer Produktion verschrieben, bei der die Interessen der
Beschäftigten wie auch der Umwelt groß geschrieben werden. Die Möbelmacher,
Hess Natur, Faber-Castell – Sie alle sind für ihr Streben nach Nachhaltigkeit
in den letzten Jahren vielfach ausgezeichnet worden. Aber sie werden nicht
nur mit Ehrungen überhäuft, sie sind auch wirtschaftlich erfolgreich mit
ihrer Idee der Nachhaltigkeit. Stellt sich die Frage, wie ihnen das
eigentlich gelingt.
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Atmo D: Sägen etc. Möbelmacher
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Ein Besuch in der Werkhalle der
Firma „Die Möbelmacher“. Es ist keine Schande, wenn man noch nie etwas von
dem mittelfränkischen Ort Unterkrumbach gehört hat, in dem die Firma ihren Sitz
hat. Das Dorf ist so klein, dass es dort keine Straßennamen gibt. Die
Möbelmacher haben schlicht die Adresse Unterkrumbach 39. Die Werkhalle der
Schreinerei ist komplett aus Holz gebaut, innen ist sie ausgesprochen hell
und freundlich. Hier arbeiten 17 Angestellte und zwei Geschäftsführer. Was
der eine der Geschäftsführer, Herwig Danzer, erklärt, klingt zunächst typisch
für einen Holzbetrieb:
4. Zuspielung
Danzer
Hier ist der Stapel mit den getrockneten Brettern, das
sind 5cm starke Buchenbretter, die hier die Schreinerin oder der Schreiner
vom Stapel nimmt, die Länge richtig abschneidet und dann auf die Besäumsäge
legt. Diese Besäumsäge, die schneidet die Rinde weg und dann die einzelnen
Streifen.
Auffällig ist allerdings, dass es
in der Schreinerei nur angenehm nach frischem Holz riecht. Der Geruch von Lack
oder Lösungsmitteln, der für viele andere Möbelbetriebe typisch ist, fehlt
völlig. Denn die Möbelmacher arbeiten ausschließlich mit Massivholz und
Naturharzölen. Für den Schreinergesellen Klaus Rossmann war das ein
wesentlicher Grund, hier zu arbeiten.
5. Zuspielung Klaus
Rossmann
Ich habe vorher Parkett verlegt mit DD-Lack noch, und das
ist grausam, wenn man sich vorstellt, was da mit einem passiert. Wenn hier
einmal eine Nitro-Dose nur aufgemacht wird und jemand damit etwas reinigt,
dann riecht man das in der ganzen Werkstatt. Wenn man sich vorstellt, dass
man früher in der Werkstatt lackiert hat ohne Absaugung ohne alles. Und wenn
man sich das anschaut, für die Umwelt natürlich auch.
Bei der Gründung des Möbel-Unternehmens
vor knapp 19 Jahren sei es eine ganz persönliche Entscheidung gewesen, auf
alles zu verzichten, was der Natur in Franken oder sonstwo in der Welt schaden
könnte, meint der Geschäftsführer Herwig Danzer. Aber er und sein Kompagnon
Gunther Münzenberg wollten noch einen Schritt weiter gehen. Ein Beispiel
dafür ist das sogenannte regionale Musterhaus, das neben der Werkstatt steht,
und das Herwig Danzer selbst bewohnt. Das Haus besteht fast komplett aus Holz
aus der Region und ist fast vollständig von Handwerkern aus der Region gebaut
worden.
6. Zuspielung
Danzer
Ich würde sagen, das ist eigentlich ein Paradebeispiel für
Nachhaltigkeit, weil es nicht nur den ökologischen Ansatz berücksichtigt, der
ist selbstverständlich, ein Ökohaus, ein Bio-Haus oder wie man will, da ist
jetzt kein Material verarbeitet, das diesen Ansprüchen nicht gerecht würde.
Aber es geht noch weiter, es geht in diesen sozialen Bereich rein, dass ich
sage, ich versuche sämtliche Handwerker, die in dieser Region sind, hier mit
einzubeziehen, dass also auch die Wirtschaftskraft auch in der Region bleibt.
Also von daher ist es ein Paradebeispiel, wie das Erzeugen von Wohnraum so
optimal wie möglich gemacht werden kann.
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Atmo E: Call-Center Hess
(Hier Atmo ausblenden)
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Eine ganz persönliche
Entscheidung, anders zu arbeiten als andere in der Branche hat auch Heinz
Hess verfolgt, als er Mitte der 70er Jahre einen Versandhandel für Bekleidung
gründete. Hess ist vergangenes Jahr gestorben, doch wenn die Mitarbeiterinnen
im Call-Center im hessischen Butzbach den Anrufern erklären, warum ein nicht
ganz billiger Strumpf schon nach wenigen Wochen ein Loch hat, dann vermitteln
sie immer noch seine Grundphilosophie: Die Firma Hess Natur sei anders:
7. Zuspielung
Isolde Hess (Text 13’’, dann 20’’ Atmo)
Es hat nichts mit Minderwertigkeit zu tun, wenn dieser
Artikel von der Langlebigkeit nicht zu vergleichen ist mit konventionellen
Produkten, da muss man sich schon im Klaren sein, das sind zwei verschiedene
Dinge.
Anders als bei anderen Firmen sind
zum einen die Arbeitsbedingungen für die rund 280 Angestellten, die das
Versandhaus Hess Natur in Deutschland beschäftigt. Im Call-Center gibt es
beispielsweise keinerlei Vorgaben, wie viele Anrufe jeden Tag erledigt werden
müssen. Die Firmenleitung setzt darauf, dass sich die Beschäftigten ohne Druck
ihre Arbeit richtig einteilen. Ihre Vorgesetzten hätten zwar Statistiken über
die Arbeitsleistung, erklärt die Call-Center-Mitarbeiterin Isolde Hess. Aber
die spielten für ihre Arbeit keine Rolle.
8. Zuspielung
Isolde Hess
Es gibt vielleicht auch Menschen im Haus, die Statistik
und Zahlen lieben. Ich weiß nicht, für wen die sind, ich kann es Ihnen nicht
sagen. (Lacht) Da müssten Sie meinen Vorgesetzten fragen. Weil diese Zahlen
keine Auswirkungen für mich haben, ich werde nicht daran gemessen.
Call-Center, Einzelhandel,
Textilbranche – Bei Hess-Natur kommen eigentlich drei Wirtschaftsbereiche
zusammen, in denen viele Beschäftigte nicht sonderlich gut behandelt werden –
und in denen die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di beispielsweise
entsprechend oft Mühe hat, Mindeststandards durchzusetzen. Doch der
Betriebsrats-Vorsitzende von Hess Natur, Walter Strasheim, ist geradezu
überschwänglich, wenn er über seine Firma redet.
9. Zuspielung
BR-Vorsitzender Strasheim, Walter
Gerade wenn es um den Einzelhandel geht, plagen sich meine
Ver.di-Kollegen mit Problemen, die wir hier überhaupt nicht haben. Nicht mal
ansatzweise. Auch was das Call-Center angeht, gibt es hier Standards, die
werden von anderen Unternehmen nicht einmal ansatzweise angedacht.
Aber nicht nur bei den
Beschäftigten in Deutschland legt Hess Natur Wert auf hohe soziale Standards.
Auch bei den Firmen, die aus der Türkei, aus Ägypten oder aus China
Baumwollstoffe oder auch Seide zuliefern, müssten sich die Arbeitsbedingungen
am europäischen Niveau messen lassen, erklärt der Geschäftsführer Wolf Lüdge.
Und es muss vor allem sichergestellt sein, dass beispielsweise keine giftigen
Chemikalien zum Einsatz kommen, wie sie in der Baumwollindustrie weit
verbreitet sind. Über die Ernte auf konventionellen Baumwollfeldern weiß Wolf
Lüdge Details zu erzählen, von denen viele Verbraucher nichts ahnen:
10. Zuspielung Wolf
Lüdge
Dass die normalen Baumwollfelder mit Entlaubungsmittel
bespritzt werden, damit die großen Absauganlagen drüber fahren können, und
dieses Entlaubungsmittel wurde eingesetzt unter dem Namen Orange T im
Vietnamkrieg. Also können Sie schon ungefähr ermessen bei dem Rohstoff, wo
die Problematik liegt.
Nur mit solchen radikalen Erntemethoden
sei es möglich, Baumwoll-T-Shirts für zwei oder drei Euro anzubieten. Und solche
Niedrigpreise seien nur möglich, wenn die Beschäftigten in den
Erzeugerländern mit Hungerlöhnen abgespeist werden, meint Wolf Lüdge. Das
müsse jedem bewusst sein, der für ein Hemd weniger bezahlt als für eine Tüte
Semmeln:
11. Zuspielung Wolf
Lüdge 20’’
Bei diesen Billigketten, das sind zumeist ökologische Bomben,
die Sie am Körper tragen. Zum anderen klebt an den Produkten Blut dran, wenn
man das so plakativ ausdrücken will. Es spielen ökologische Fragen keine
Rolle, es geht nur drum, einen billigen Einkaufspreis zu realisieren und je
mehr Nichtbeachtung gewisser Sozialstandards, desto billiger der Preis.
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Atmo F: Produktion Faber-Castell
(Atmo hier ausblenden)
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Möglichst ordentliche Arbeitsbedingungen
für die Beschäftigten – sowohl an den Produktionsstandorten in Deutschland
als auch in den Fabriken in Brasilien, Indien oder Malaysia – Aber auch
schonender Umgang mit der Natur: Das ist auch die Firmenphilosophie beim Bleistift-
und Buntstift-Hersteller Faber-Castell. In einer Werkhalle in Stein bei
Nürnberg erklärt die Unternehmenssprecherin Sandra Suppa, was hier anders
gemacht wird als bei anderen Firmen:
12. Zuspielung
Sandra Suppa
Wir sind die einzigen in der Branche, die durchgängig mit Wasserlack
arbeiten, also für alle Stifte Wasserlack verwenden. Wasserlack hat zwei
Vorteile. Zunächst mal: Die Geruchsbelästigung ist wesentlich weniger als
beim Aceton, das ist ja sehr aggressiv. Auch ist es für die Mitarbeiter sehr
viel angenehmer mit Wasserlack zu arbeiten, wir können jetzt auch gleich mal
riechen, aber man riecht fast nichts. Der zweite wesentliche Grund ist, dass
es enorm umweltfreundlich ist, wir können das mit dem Hausmüll entsorgen.
Aber nicht nur am Firmensitz in
Franken achtet Faber-Castell auf Ökologie. In Brasilien bewirtschaftet Faber-Castell
in der Nähe der weltgrößten Buntstiftfabrik einen eigenen Wald, um sich
selbst mit Holz versorgen zu können. In anderen Landesteilen Brasiliens wird
die Umwelt durch Kahlschlag massiv geschädigt – im firmeneigenen Wald von
Faber-Castell sehe das ganz anders aus, erklärt Sandra Suppa:
13. Zuspielung
Heute ist es ein hochinteressantes Umweltprojekt. Wir
haben jede Menge Universitäten, die in unseren Wäldern jede Menge Tiere
beobachten, die vom Aussterben bedroht sind, es gibt hunderte von Vogelarten
und Säugetierarten, die es nur noch in unseren Wäldern gibt, weil sie dort
vorm Menschen geschützt sind. Es gibt Wölfe, es gibt Ameisenbären, es gibt
Pumas.
Für seine umweltfreundliche
Produktion hat Faber-Castell eine ganze Reihe von Auszeichnungen erhalten,
ebenso wie für seinen Umgang mit den Beschäftigten vor allem in Schwellenländern
wie Brasilien, Indien oder Malaysia. Gute Entlohnung, Mitsprachrechte nach
europäischem Vorbild, werkseigene Freizeitanlagen, Schulprojekte für Kinder
der Mitarbeiter – Das war für die IG Metall Grund genug, um mit der
Firmenleitung von Faber-Castell erstmals eine sogenannte internationale
Sozialcharta zu unterschreiben. Damit hat sich allerdings ein Problem gestellt,
räumt Martina Szautner ein, sich für den gesamten Konzern um Personalfragen kümmert.
Es muss natürlich kontrolliert werden, ob tatsächlich auch in Südamerika oder
Ostasien die Standards eingehalten werden, die die Zentrale in Deutschland in
Absprache mit der Gewerkschaft vorgibt. Besonders schwer ist diese Kontrolle
bei Zulieferfirmen. Aber als vergangenes Jahr beispielsweise Berichte über
Kinderarbeit bei einem Zulieferbetrieb in Brasilien bekannt wurden, habe
Faber-Castell schnell gehandelt, erklärt die Managerin:
14. Zuspielung
Szautner
Als wir das erfahren haben, haben wir die
Geschäftsbeziehungen gestoppt und auch bis heute nicht wieder aufgenommen.
Weil der Zulieferer bisher den letzten Beweis schuldig geblieben ist, dass
das nicht passiert. Weil wir gesagt haben, so lange da ein Verdacht im Raum
steht, werden die Lieferbeziehungen abgebrochen. Sonst ist man auf der Ebene,
dass man so etwas fordert, und wenn es nicht umgesetzt wird bei einem
Verstoß, dann wird es verpuffen.
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Atmo G: Produktion Faber-Castell
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Am einfachsten ist es aber, wenn
ein Kontrollsystem überflüssig ist. Das ist – was ökologische Standards
angeht, – an vielen Stellen in der Bleistift- und Buntstiftproduktion von
Faber-Castell am Firmensitz in Stein bei Nürnberg der Fall. Vor gut zehn
Jahren hat die Firma dort konsequent auf schadstofffreie Lacke umgestellt –
einerseits weil seitdem die Arbeiter nicht mehr durch gesundheitsschädliche
Dämpfe gefährdet werden. Andererseits, weil kein gefährlicher Sondermüll mehr
anfällt. Aber die Entscheidung habe sich auch betriebswirtschaftlich gelohnt,
erklärt die Unternehmenssprecherin Sandra Suppa:
15. Zuspielung
Suppa
Die Technik, die man dafür braucht, ist etwas
komplizierter, und war auch was, was ursprünglich mal subventioniert wurde.
Aber dadurch haben wir jetzt einen Technikvorsprung in dieser
Wasserlackfertigung. Und durch diesen Technikvorsprung beispielsweise gelingt
es uns, den Grip-Stift herzustellen. Der Grip-Stift, die Noppen, ist aus
Wasserlack. Das kriegen Sie mit Aceton nicht hin. Ein Umweltaspekt bringt
also plötzlich wirtschaftliche Vorteile.
Denn der patentgeschützte
Grip-Stift mit seinen rutschfesten Gumminoppen, der erst mit der
umweltfreudlichen Wasserlack-Technik produziert werden konnte, hat
Faber-Castell beträchtlichen zusätzlichen Umsatz gebracht. Und ganz ähnlich
war das Kalkül, als Faber-Castell sich in Brasilien einen großen Wald
zugelegt hat, der im Einklang mit der Natur so bewirtschaftet wird, dass er Holz-Nachschub
liefert:
16. Zuspielung
Sandra Suppa
Die wesentlichen Punkte waren, wir wollten unsere Qualität
sichern, was die Holzversorgung angeht, wir wollten uns aber auch unabhängig
machen von unseren Lieferanten, von dem Preisdiktat der Lieferanten. Das
bringt uns heute natürlich auch wirtschaftliche Vorteile, weil wir einen
stabilen Holzpreis haben, unter anderem, aber auch eine Qualitätssicherung
haben durch diese Wälder.
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(Hier Atmo ausblenden)
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Der
Unternehmens-Chef Anton Wolfgang Graf Faber-Castell findet auch gar nichts Anrüchiges
dabei, wenn er ökologische und soziale Aspekte mit wirtschaftlichen
Interessen verbindet. Aus der gleichen Philosophie heraus hätten schon seine
Vorfahren dafür gesorgt, dass Faber-Castell als eines der ersten Unternehmen
in Deutschland im 19. Jahrhundert eine Betriebskrankenkasse und einen
Kindergarten für die Beschäftigten angeboten hat, erzählt der Graf:
17.
Zuspielung Faber-Castell
Mein Ururgroßvater Lothar von Faber, der
das Unternehmen zu Weltruhm brachte, hat sich schon sehr stark um die
sozialen Belange seiner Arbeiter gekümmert. Nicht nur aus altruistischen
Gründen, sondern er hat damit auch bezweckt, dass die Arbeiter ein besseres
Umfeld bekommen, dass sie besser ausgebildet werden, dass sie damit auch
bessere und produktive Arbeiter werden.
In jenen Zeiten
hat zwar noch niemand das Wort Nachhaltigkeit in den Mund genommen – aber
dennoch hätten die Vorfahren der Faber-Castell-Dynastie schon in einem
gewissen Rahmen Nachhaltigkeit vorgelebt, meint der Graf. Das sei keineswegs
verwunderlich, glaubt Professor Georg Müller-Christ von Universität Bremen.
Er lehrt an der Hochschule Nachhaltiges Management und hat sich entsprechend
intensiv mit dem Thema beschäftigt. Es gebe beim Thema Nachhaltigkeit eine
klare Regel, sagt der Betriebswirtschafts-Professor:
18. Zuspielung Müller-Christ
Die meisten Unternehmen begreifen das Thema Nachhaltigkeit
immer dann, wenn sie feststellen, dass eine Ressource, von der sie elementar
abhängig sind, dauerhaft knapp wird oder absolut knapp wird. Unter Ressource
sind jetzt nicht nur Rohstoffe zu verstehen, also die natürlichen Ressourcen,
sondern genauso die finanziellen Ressourcen wie die sozialen oder humanen
Ressourcen. Also: Unternehmen kümmern sich um das Thema
Gesellschaftsverantwortung beispielsweise, wenn sie feststellen, dass das Vertrauen,
die Ressource Vertrauen in der Bevölkerung knapp wird. Dann fangen sie an,
sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Wenn ein bestimmter Rohstoff knapp
wird, wie eben Holz bei Faber-Castell, fängt das Unternehmen an sich mit dem
Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Wenn die Ressource Bildung absolut knapp
wird, fangen Unternehmen an, eigene Universitäten aufzubauen. Also sie
brauchen also fast immer ein ganz klares Knappheitszeichen, damit sie anfangen, sich nachhaltig bezogen
auf diesen einen Rohstoff, diese eine Ressource zu verhalten.
Kluge Unternehmer könnten also
durchaus von selbst darauf kommen, dass es sich lohnt, mit der Umwelt, mit
Rohstoffen und mit der Belegschaft pfleglich umzugehen. Allerdings lasse sich
diese Einsicht eher bei kleinen und mittleren Firmen finden, wie eben bei
Faber Castell, bei Hess Natur oder bei den Möbelmachern. Denn dort hat ein
einzelner Chef das Sagen – und nicht eine Riege von Managern, die ständig
nach dem Aktienkurs schielen, wie es bei großen Aktiengesellschaften der Fall
ist, hat der Betriebswirtschafts-Professor festgestellt:
19. Zuspielung
Müller-Christ
Ich glaube dass inhabergeführte mittelständische
Unternehmen ein ganz anderes Gefühl haben dafür, was es heißt, heute schon
die Bedingungen für das Einkommen von morgen zu sichern. Weil von diesem
Einkommen die Inhaber elementar abhängig sind. Die denken also aus reinem
Eigeninteresse langfristig: Was muss ich heute tun, um morgen noch Einkommen
zu haben. Deswegen findet man das in diesen Betrieben viel häufiger, die verstehen
das vielleicht auch schneller, was Nachhaltigkeit bedeutet.
Doch was es wirklich bedeutet, so
zu produzieren, dass eine Gesellschaft auch in fünfzig, hundert oder
zweihundert Jahren noch im Wohlstand leben kann, hätten noch nicht sonderlich
viele Unternehmenslenker durchdrungen, meint Professor Müller-Christ:
20. Zuspielung
Müller-Christ
Nachhaltig produzieren ist sicherlich noch gar nicht weit
verbreitet, denn was darunter verstanden wird, ist meist ein umweltfreundliches
Produzieren. Und das ist eine Notwendigkeit, die wir schon seit 20,25 Jahren
kennen. Und wenn man sich die Entwicklung der letzten 25 Jahre anguckt, dann
kann man eigentlich überhaupt nicht behaupten dass, wir da große Stücke
weiter gekommen sind.
Der Betriebswirtschafts-Professor
ist nach vielen Jahren, die er sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt,
auch zu einem klaren Ergebnis gekommen: Es hat keinen Sinn, wenn Firmen sich nur
hier einen neuen Verhaltenskodex zulegen und dort ein Gütesiegel. Vielmehr
müssten die Unternehmen und die Verbraucher gemeinsam eines lernen:
Nachhaltige Wirtschaft kann in vielen Fällen bedeuten, dass Firmen heute auf
Umsatz verzichten müssen, um morgen noch Umsatz machen zu können. Und
Verbraucher müssen heute auf billigen Konsum verzichten, um morgen noch
konsumieren zu können. Deswegen hat der Professor eine Forderung:
21. Zuspielung
Müller-Christ
Dass wir viel mehr über das Thema Selbstbeschränkung reden
müssen, unterlassen, um auch morgen oder übermorgen noch wirtschaften zu können.
Dafür habe ich auch ein Beispiel. Und zwar ist das das bekannte Beispiel aus
der Fischereiwirtschaft: Die Kabeljau-Bestände sind zusammengebrochen. Das
war klar, dass das eintreten wird, aber man hat nicht darauf gehört. Aber mit
der Ressource Fisch ist eine ganze Branche in Nordamerika zusammengebrochen.
Jetzt gibt es Untersuchungen, die sagen: Hätten die Fischer insgesamt über
die letzten 30 Jahre weniger Fisch gefangen, hätten sie mehr Einkommen
gemacht bis heute. Das im betrieblichen Alltag entscheidungsfähig zu machen,
also heute etwas zu unterlassen, um morgen den Vorteil zu haben, das ist die
Riesenherausforderung für die Unternehmen, und hier muss ich sagen, ist die Management-Lehre
noch nicht sonderlich hilfreich, dass sie das unterstützt.
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Atmo H Möbelmacher
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Heute auf Konsum verzichten, um
sich morgen Konsum leisten zu können – in der Schreiner-Werkstatt der
fränkischen Firma „Die Möbelmacher“ stößt diese Forderung des
Betriebswirtschaftsprofessors auf Zustimmung. Die meisten Kunden müssen allerdings
notgedrungen eine Zeitlang sparen, bevor sie sich ein Möbelstück der Firma
kaufen können. Herwig Danzer und seine Kollegen sind mit diversen
Nachhaltigkeits- und Umweltpreisen ausgezeichnet worden. Aber auch ihre Möbel
haben ihren Preis:
22. Zuspielung
Danzer
Das ist ein Sideboard aus Zwetschge und hier sieht man, wir
haben also links eine Glastür und rechts eine Glastür und in der Mitte sind
das sechs Schübe. Dieses Sideboard mit den sechs Schüben und der Granitplatte
liegt knapp unter 4000 Euro, in dieser Größenordnung, in Zwetschge, es wäre
natürlich viel günstiger, wenn es in Buche wäre.
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Atmo wechseln: I (draußen)
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Während der Geschäftsführer
Herwig Danzer das Zwetschgen-Sideboard und dessen Preis erläutert, sitzt der
Rest der 17-köpfigen Belegschaft gerade gemeinsam am Massivholz-Pausentisch
im Freien. Zur Nachhaltigkeit bei den Möbelmachern gehören auch familienfreundliche
Arbeitszeiten, eine 36-Stunden-Woche und großzügige Pausen für die
Mitarbeiter. Wer gute Produkte kaufen möchte und für sich selbst gute
Arbeitsbedingungen wünscht, der müsse auch anderen ihre Arbeit gut bezahlen,
meint der Schreinergeselle Mathias Deinhard. Er weiß dabei, dass man von
einem Gesellengehalt, wie er es selbst bezieht, beispielsweise auf ein Bett
der Möbelmacher lange sparen müsste:
23. Zuspielung Mathias
Deinhard
Das kommt drauf an, was man sonst noch so ausgibt, und auf
was man Wert legt. Wenn man kein teures Auto hat und lieber gut schläft, dann
muss man vielleicht zwei Jahre arbeiten als Geselle, dass man sich das
leisten kann, ich weiß es nicht. 339 Es gibt sicherlich Leute, die Luxus
wollen, und zu uns kommen. Aber es gibt welche, die sagen, wir haben nicht
viel Geld, aber wir warten lieber drei Jahre, dann können wir uns wieder was
leisten.
Zwei Jahre auf ein Bett zu sparen
– dazu seien allerdings nicht besonders viele Kunden bereit, meint Gunther
Münzenberg, der mit Herwig Danzer gemeinsam die Möbelmacher gegründet hat.
Ihm mache seine Arbeit auch nach fast 20 Jahren viel Spaß, sagt er. Doch viel
Hoffnung, dass der Gedanke der Nachhaltigkeit zur Massenbewegung wird, hat er
nicht:
24. Zuspielung
Münzenberg
Realistisch gesehen, würde ich sagen, das geht nicht. Es
wäre natürlich schön, wenn da mehr drauf achten und einkaufen. Aber es liegt
letzten Endes am Endverbraucher und nicht an uns. Weil der Endverbraucher ist
derjenige, der kauft. Billig ist geil, das ist der große Spruch, von hinten
bis vorn, und so läuft das halt bei 80 Prozent so. Wenn man schaut, wie
wenige Leute Bio-Essen einkaufen, und das nehmen sie wirklich ein in sich,
dann ist das erschreckend. Also ich kann jetzt nicht sagen, alle Betriebe sollen
auf Bio umschalten, weil es keiner zahlt, keiner kauft, keiner will. Es gibt
viel zu viele andere Leute. Die Bürger muss man umerziehen.
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Andere Manager von vorbildlich
nachhaltigen Firmen sind nicht ganz so pessimistisch. Wolf Lüdge, der
Geschäftsführer des Textil-Versandes Hess Natur, hat ebenfalls Waren im
Programm, die zum Teil um ein Vielfaches teurer sind als die Angebote der
Konkurrenz. Aber die Waren seiner Firma seien eben auch anders, meint Lüdge.
Und das wüssten die Kunden zu schätzen:
25. Zuspielung Wolf
Lüdge
In dieser ganzen Geiz-ist-Geil-Diskussion und Mentalität
waren wir nie drin, wir haben auch bewusst darauf nicht abgezielt mit unserer
Preispolitik, weil wir gesagt haben, wir haben ein gutes Produkt, das hat
Qualität und dafür gibt es einen bestimmten Preis. Und das hat sich als
erfolgreich erwiesen, also der Kunde belohnt uns dafür, dass wir konsequent
sind.
Und die Belohung durch den Kunden
kann Lüdge sogar in Zahlen fassen:
26. Zuspielung Wolf
Lüdge
Das Jahr 2006 war das beste Jahr umsatzmäßig und
ergebnismäßig für Hess Natur, wir haben eine Umsatzsteigerung von 10 Prozent zum
Vorjahr und mit einer gleichzeitigen Ergebnissteigerung. Das ist für den
Textilbereich ein extrem gutes Ergebnis.
Allerdings waren die Ergebnisse
von Hess Natur nicht immer so gut. Ende der 90er Jahre sah der inzwischen
verstorbene Firmengründer Heinz Hess keine andere Möglichkeit, als die
Mehrheit seines Unternehmen zu verkaufen. Die KarstadtQuelle AG übernahm den
Natur-Textil-Spezialisten. Heute kann sich der Großkonzern KarstadtQuelle
freuen, dass seine vergleichsweise kleine Tochter Hess Natur einiges zum
Gesamtgewinn des Unternehmens beiträgt. Ob allerdings auch die
Nachhaltigkeits-Philosophie vom kleinen Tochter-Unternehmen zum großen
Mutter-Konzern hinüberfließt, darüber will sich der Hess-Natur-Geschäftsführer
Wolf Lüdge nicht äußern. Auch die Konzernleitung von KarstadtQuelle
beschäftigt sich inzwischen mit dem Thema Nachhaltigkeit. Inwieweit der
Mutterkonzern darunter das Gleiche versteht wie er selbst, dazu will der Geschäftsführer
von Hess lieber nichts sagen:
28. Zuspielung Wolf
Lüdge
Das Geschäftsmodell von Hess Natur funktioniert so, und im
Konzern gibt es andere Geschäftsmodelle, die funktionieren anders. Und es
obliegt nicht mir, über andere Geschäftsmodelle zu urteilen.
Denn wer nachhaltig wirtschaften will,
muss nach Ansicht von Wolf Lüdge auch zwei ganz besondere Tugenden haben: Er
muss Geduld haben. Und er sollte sich nicht in allzu großen missionarischen
Eifer hineinsteigenr.
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Corporate Social Responsibility bedeutet einfach nur Verantwortung
Nach den zwei Tagen beim Rat für Nachhaltige Entwicklung zum Thema CSR (Corporate Social Responsibility – unternehmerische Verantwortung) werde ich am Mittwoch für die Friedrich Ebert Stiftung in Berlin einen kleinen Vortrag zu dem Thema halten, dessen…
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